Larissa Jurković ist die erste Studierende, die nach Abschluss unseres Masterstudiengangs Suchttherapie und Sozialmanagement in der Suchthilfe vor hat zu promovieren. Sie erzählt uns von Ihren praktischen Erfahrungen während des Studiums und was Sie zu zum Promovieren bewegt. Außerdem erhalten wir einen Einblick in das spannende Thema Ihrer Dissertation: die Angehörigenarbeit in der Suchthilfe.
Liebe Larissa, stelle Dich doch einmal kurz vor!
Mein Name ist Larissa Jurković und ich arbeite seit 2015 im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation in der salus klinik Friedrichsdorf - einer Fachklinik für die Behandlung von psychosomatischen Erkrankungen, Verhaltenssüchten und Störungen durch psychotrope Substanzen. Dort begann ich bereits während meines letzten Semesters des damaligen Bachelor Studiengangs „Soziale Arbeit“ als Werkstudentin zu arbeiten, absolvierte nahtlos daran mein Anerkennungsjahr in der Klinik und bin seitdem in der Adaption tätig. Diese stellt eine Anschlussbehandlung an die vorausgegangene Entwöhnungsbehandlung bzw. eine stationäre Abschluss-Behandlung für die Rehabilitand:innen mit dem Schwerpunkt der sozialen Reintegration dar. Vor drei Jahren begann ich dann berufsbegleitend den Masterstudiengang Suchttherapie und Sozialmanagement an der FRA-UAS zu studieren, um neben der Ausbildung zur Suchttherapeutin vor allem einen Masterabschluss zu erwerben, der zur Promotion berechtigt. Das Studium schließe ich voraussichtlich im September diesen Jahres ab.
Du bist die erste Studentin, die nach Abschluss unseres Masterstudiengangs Suchttherapie und Sozialmanagement in der Suchthilfe promoviert. War dies schon zu Beginn Deines Studiums Dein Ziel oder hat sich das erst entwickelt?
Im Grunde war dies schon vor Beginn des berufsbegleitenden Masterstudiengangs mein Plan, weswegen ich mich überhaupt genau für diesen Studiengang entschieden habe. Andernfalls hätte ich lediglich die Weiterbildung zur Suchttherapeutin absolvieren können, allerdings war der Gedanke „zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen“ durchaus attraktiv, da mir hierdurch die Möglichkeit gegeben wurde, mich im Anschluss zu entscheiden, neben der praktischen Tätigkeit in der salus klinik durch mein Promotionsvorhaben auch zunehmend wieder mehr in der Forschung tätig zu werden. Der Forschungsbereich hat mich bereits während meines Bachelorstudiums schon sehr gereizt. Dort konnte ich ihm Rahmen eines Forschungsprojektes durch die Mitarbeit als studentische Hilfskraft am Institut für Suchtforschung Frankfurt am Main (ISFF) parallel zu meinem Studium die ersten Erfahrungen sammeln und seitdem stand für mich fest, gerne auch perspektivisch wieder in der Forschung tätig zu werden bzw. auch ein Mischgewebe zwischen Praxis und Forschung in meinen beruflichen Alltag zu implementieren. Die Möglichkeit der Promotion durch den Masterstudiengang in Verbindung mit der Zertifizierung zur Suchttherapeutin macht den Studiengang in meinen Augen sehr attraktiv und zu etwas Besonderem.
Zu welchem Thema promovierst Du und was ist Deine Motivation?
Tatsächlich schließt sich mein Promotionsvorhaben unmittelbar an meine gegenwärtige Masterthesis zum Thema der Weiterentwicklung von Angehörigenarbeit in der Suchthilfe durch Möglichkeiten der Sozialen Arbeit und Suchttherapie an und beinhaltet den Plan, neue maßgeschneiderte Innovationen und Unterstützungsangebote sowie Behandlungsleitlinien für die bislang kaum beforschte Zielgruppe der Angehörigen von Menschen mit Substanzgebrauchsstörungen zu entwickeln. Hintergrund ist der, dass in der Gesamtbevölkerung etwa 10 Millionen Personen in Deutschland leben, die Angehörige mit einer Substanzgebrauchsstörung haben. Substanzbezogene Störungen und Drogenabhängigkeit tragen allerdings neben den individuellen Belastungen und Störungen der Konsument:innen, vor allem massive soziale Auswirkungen im Kontext der kompletten Familiendynamik nach sich. Jedoch werden die Folgen von Substanzgebrauchsstörungen auf das soziale Umfeld in deutschen suchtpolitischen Leitlinien nur eingeschränkt benannt und Verweise auf evidenzbasierte Behandlungsangebote fehlen sogar durchgängig. Zudem hat sich herausgestellt, dass Angehörige die bestehenden Unterstützungsangebote trotz ihrer eigenen hohen Morbidität und Belastung durch die Erkrankung des/der Betroffenen nicht oder nur sehr beschränkt nutzen. Das Ziel meines Forschungsvorhabens wird es sein, mittels einer qualitativ-explorativen Befragung und der daraus abgeleiteten Analyse konkreter Problem- und Handlungsfelder, Empfehlungen für eine innovative und maßgeschneiderte Praxis zu formulieren, um letztlich zu einer Erhöhung der Inanspruchnahmerate sowie der Behandlungsbereitschaft von Angehörigen beizutragen. Aus den aufgeführten aktuellen Kennzahlen sowie hohen gesundheitlichen Belastungen seitens der Angehörigen von Menschen mit Substanzgebrauchsstörungen, insbesondere auch Kindern aus suchtbelasteten Familien, lässt sich durchaus die unabdingbare Wichtigkeit für die Schaffung eines umfangreichen und passgenauen Unterstützungsangebots für diese Zielgruppen feststellen. Folglich sollen hierdurch im Sinne der Gesundheitsförderung den überaus hohen Morbiditätsraten von Angehörigen als eine neue Fokusgruppe neben den Betroffenen selbst, angemessen begegnet werden.
Meine Motivation hierfür ist aus meiner alltäglichen Berufspraxis heraus entstanden. Hier konnte ich durch die unmittelbare Arbeit auch mit Angehörigen meiner Rehabilitand:innen in Form von Angehörigengesprächen oder auch der Mitwirkung an den klinikinternen Angehörigenseminaren durch die berichteten Erfahrungen erleben und auch spüren, in welchem Ausmaß sich die Erkrankung vor allem im Rahmen der kompletten Familie bemerkbar macht und alles in Bewegung setzt – so dass sich dem Sog der Suchtentwicklung kaum jemand entziehen kann. Daher möchte ich mich im Rahmen meiner Forschung auch damit befassen, inwieweit wir als professionelle Akteure in der Suchthilfe selbst zur Reduktion von Angst, Schuldgefühlen und Stigmatisierung der Angehörigen beitragen und gleichzeitig eine Motivation und Ermutigung zur Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten bei Angehörigen bewirken können.
Hast du schon Pläne für die Zeit nach der Promotion?
Die Frage kann ich mit einem klaren „Nein“ beantworten, da mich das Leben gelehrt hat, dass es meistens anders kommt als man denkt und ich demnach gerne im Hier und Jetzt lebe und mich auf die Gegenwart konzentriere. Daher stellt der nächste Schritt für mich und mein nächstes Ziel erstmal das Promotionsvorhaben dar. Falls das klappen sollte, würde ich mir natürlich in beruflicher Hinsicht wünschen, dass ich mit meiner Arbeit tatsächlich etwas in der praktischen Umsetzung im Suchthilfesystem bewegen und mich natürlich selbst auch darin einbringen kann.
Vielen Dank, liebe Larissa!
Weitere Informationen zum MBA Suchttherapie und Sozialmanagement in der Suchthilfe und zu Möglichkeiten der Promotion finden Sie hier.